Wie fühlt es sich an, wenn jeder Ort schon fotografiert, jede perfekte Perspektive bereits gefunden wurde und ein Abbild jederzeit aus dem Welt-Gedächtnis neu kreiert werden kann? Wann begnügen wir uns mit dem digitalen Zwilling und hören auf, die wirkliche Welt zu erkunden? Um diese Fragen dreht sich die Expanded-Cinema-Arbeit, in der sich Klangkünstler Gregor Pfeffer und Videokünstler Thadeusz Tischbein mit dem Publikum auf virtuelle Reise ans griechische Mittelmeer begeben.
Ein Künstler betritt eine Bauruine am Meer und läuft über Treppen, immer höher hinauf. Oben angekommen hat sich das Gebäude verwandelt – in ein Grand Teatro zur Betrachtung der Landschaft: Ein an die umgebenden Wände projizierter Film umrahmt den Zuschauer:innenraum – ein blaues, leuchtendes Band.
“I wanna ask you, camera, have you ever seen such a blue? What a strike to your blue photocells! Forgive me for putting dirt and dust on your lens again, dirt on the sensor, sand on my feet.”
Er nimmt das Display vom Tisch, schon wieder. Seine Augen schmerzen, doch er muss nochmal hin. Sein Blick gleitet über die makellose Glasfläche bis hin zum weit entfernten Horizont, blau schimmert es im dunklen Zimmer. Er berührt die Wasseroberfläche und verschiebt den Ausschnitt ein wenig. Mit geübter Geste zoomt er ins Bild, immer weiter hinein, bis das Kräuseln der Wellen fast schon zu hören ist. „Ich hätte hinfahren sollen“, denkt er kurz, kratzt sich am Kopf und zweifelt, ob es einen Unterschied gemacht hätte.
Expanded Cinema bei der Jubiläumstour 94/24: Das „erweiterte Kino“ mit seinen möglichen Mehrfachprojektionen und Multimedia-Aktionen, in denen Film, Video, Dia mit Live-Performances verbunden werden können, steht seit Anfang an auf dem Programm der Schaubühne. Schon vor der offiziellen Eröffnung begeisterte die Kinoinstallation „Ein Lichtspieltraum“ im Herbst 1993 zur DOK-Woche. Weitere Projekte waren über die Jahre u.a. „Fellini-Schau: Luci del cinema“, „Salute, Organon!“, „Lenz in Metropolis“ oder „Atlas of the Wounded Buildings“. Für letztere Arbeit zeichnete der Videokünsler Thadeusz Tischbein verantwortlich, der zudem bereits vielfach an Produktionen der Schaubühne beteiligt war. So führte er beispielsweise neben René Reinhardt bei unserer Mini-Serie „Brodsky …Ferngespräche“ die Co-Regie.
Künstlerische Leitung: Gregor Pfeffer, Thadeusz Tischbein
Produktionsleitung: Hannes Raetz
Musik: Gregor Pfeffer
Video: Thadeusz Tischbein
Technik: Benjamin Henkel
Eine Kooperation mit der Schaubühne Lindenfels.