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Das Schau-Ensemble gründete sich 2011 als Kollektiv professioneller Theatermacher:innen in Leipzig, um von der Schaubühne Lindenfels als Basislager aus Theaterprojekte zu entwickeln und umzusetzen. Ein wesentliches Merkmal der Konzeption war es von Beginn an, Orte und Szenen aus der Begegnung zwischen Zuschauer:innen und Spieler:innen, in einer dafür geformten Anordnung und Funktionalität – als szenisches Display – entstehen zu lassen. Die „Szene“ meint hier die konkrete Konstellation und Interaktion, welche aber nicht zwingend ein „Mitspielen“ oder „Anspielen“ braucht, um sich in diesem Sinne zu gestalten.

Die Theaterabende des Schau-Ensemble changieren zwischen Zimmertheater und Großer Form, Theaterwanderung und Sitzplatztheater. Darin bewegen sich die Zuschauer:innen zwischen aktiveren und passiveren Momenten, zwischen Draufsicht und Eins-zu-Eins-Situationen, direktem und indirektem Live-Spiel (via akustischer/visueller Medien), zwischen Erzählung und Spiel, Moderation und offenem Gespräch.

2012 – 2017 setzte sich das Ensemble aus Künstler:innen aus Regie, Bühnenbild, Dramaturgie und Schauspiel zusammen, wobei sich jede:r Beteiligte besonders bei Konzeption und Themenauswahl weit über das eigentliche Berufsfeld hinaus einbrachte. Seit 2018 arbeitet das Ensemble vermehrt mit Künstler:innen aus Tanz, Musik und Videokunst, was zu dem Begriff der „theatric landscapes“ führte und das Theatererlebnis als bewegtes, installatives Bild versteht. Kartografisch dient dramatisches, poetisches und episches Material als Textgrundlage.

Letzte Verse aus dem Eis | theatric landscapes (2020)

„Was in 'Letzte Verse aus dem Eis' wirkt, ist ein Resonanz- und Assoziationsgeflecht aus Tanz, Sprache, Klang und Bild, das sich dieser Lyrik verdankt und das diese Inszenierung in einen geradezu somnambulen Zustand versetzt, in einen Zustand wie 'hellwach am Rande des Schlafs'." (LVZ)

Drei Gestalten auf der Passage durch die Eiswüste: „Da verbrennt die Zeit, stark unter Null gefallen, dein Hirn.“ Die Huskys aufgegessen, der höchste Breitengrad erreicht. Antarktis, All oder innere Landschaft. Die Fahne ausgebleicht. Der Rückweg kein erreichbares Ziel. Nur Schreiben, damit Spuren bleiben aus der Verbannung, dem Exil.

Die Poesie des Nobelpreisträgers Joseph Brodsky ist durchdrungen von Bildern des Nordens, der Kälte und des namenlosen Raums. Durch dieses eisige Terrain driften ein Musiker, eine Tänzerin und ein Schauspieler auf der Suche nach den Momenten zwischen Leben und Sterben, Aufgeben und Hoffen, Zusammenbrechen und Aufbegehren.

„In der Stratosphäre von allen vergessen, bellt eine Hündin hinter dem Guckloch: Erde, Erde hier spricht ein Lebewesen.“ (Joseph Brodsky)

Mit: Elena Francalanci, Michael Büschelmann, René Reinhardt
Texte: Joseph Brodsky
Regie: René Reinhardt
Bühne: Lisa Schiller-Witzmann
Video: Thadeusz Tischbein
Musik: Michael Büschelmann
Licht, Sound: Benjamin Henkel

Premiere: 6. Februar 2020

Eine Theaterproduktion der Schaubühne Lindenfels

Lenz in Metropolis | theatric landscapes (2019)

Lenz ist ein Getriebener. Ein aus der Bahn geworfenes Subjekt. Ein Stürzender, dem die eigenen Gedanken um die Ohren fliegen. Rastlos, wund, übersensibel. Lenz ist einer, der im Hier und Jetzt scheitert. Einer, der aus der Zeit fällt. Er findet Zuflucht, doch nichts kann ihm mehr Zuflucht sein.

„The harder we fight / The higher the wall“ (Anne Clark).

Georg Büchners „Lenz“ ist die Beschreibung eines veränderten Bewusstseinszustandes. Ein Strom aus Gedanken, Sound und Bewegung. Ein unaufhaltbarer Fluss.

Basierend auf Büchners Erzählung, versuchen in acht Episoden ein Schauspieler, eine Schauspielerin, eine Tänzerin und eine Musikerin, in Lenz' Gefühls- und Gedankenwelt vorzudringen. Dabei treibt die Inszenierung, die zwischen Poetry, Clubkonzert und Tanzperformance changiert, das Fragmentarische weiter, das bereits bei Büchner angelegt ist. Wortfetzen, Bewegungen und Sounds werden neu zusammengesetzt bzw. „geremixt“ - u.a. auch Songs von Anne Clark und Nick Cave, in denen der Dichter Lenz nachklingt. Auf Clarks „Sleeper in Metropolis“ verweist zudem der Titel des Abends.

Mit: Elena Francalanci, David Jeker, Laila Nielsen | Charlotte De Montcassin (Electroacoustic Music)
Regie: René Reinhardt
Bühne, Kostüm: Elisabeth Schiller-Witzmann
Video: Thadeusz Tischbein
Technik: Benjamin Henkel
Regieassistenz: Bella Enderlein

Eine Theaterproduktion der Schaubühne Lindenfels.

GEORG BÜCHNER FRAGMENTSTÜCK (2018)

Der Mann auf dem Schafott heißt Woyzeck oder Danton oder Camille oder... Die Falltür reißt das Maul auf und schreit nach Blut. Das Volk will mehr. Tanze, Woyzeck, tanze! Hier ist der Apparat. Steig ein! Wir spannen dich auf. Stülpen dich um, wie einen Handschuh. Drehen dich durch den Wolf, du Hund.

Als Georg Büchner 1837 mit nur 23 Jahren starb, hinterließ er drei Theaterstücke, eine Erzählung und wenige andere schriftliche Zeugnisse. Dennoch wirkt sein überschaubares und fragmentarisches Gesamtwerk bis heute wie ein Vorschlaghammer, geführt mit der Präzision eines Anatomen.
Im „Fragmentstück” begegnen sich Büchners Protagonisten „auf freiem Felde“ am Fuße eines hölzernen Schafotts im zeitlichen Irgendwo. Sie laborieren an den gleichen Leiden. Sie leiden an der gleichen Erkenntnis: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf und dem Wolf eine Bestie. Und die Bestie muss sterben. Quod erat demonstrandum.

Die Inszenierung bildete den Höhepunkt einer intensiven Beschäftigung mit Büchners klarsichtigem und gegenwärtig wirkendem Gesamtwerk. Im Rahmen des Büchner Zyklus bagann sie mit einer Rekonstruktion der Hinrichtung des realen Johann Christian Woyzeck auf dem Leipziger Markt. Nach drei ortsspezifischen Lectures im Hörsaal der Anatomie, in der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR und im Naturkundemuseum Leipzig führte sie in den Theaterraum der Schaubühne, wo sich Fundstücke der Recherche und Büchners Texte in einer neuen Fassung verknüpfen.

Die Premiere fand am 19.04.2018 zum Auftakt des "Fragment Festival Büchner" in der Schaubühne Lindenfels statt.

Schauspiel: Laila Nielsen, Marie Wolff, Johannes Gabriel, David Jeker, Mario Rothe-Frese, Tilmann Walther
Regie: René Reinhardt
Dramaturgie: Friederike Köpf
Bühne & Kostüm: Elisabeth Schiller-Witzmann
Video: Thadeuzs Tischbein
Assistenz: Jessica Hölzl, Tina Kämpfe
Technik: Jan Ehrlich, Benjamin Henkel

Eine Theaterproduktion der Schaubühne Lindenfels (Schau-Ensemble). Entstanden im Rahmen des „Büchner Zyklus“. Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Zudem gefördert durch die ERES-Stiftung und die Rudolf-Augstein-Stiftung.

MR. MILLER GOES TO BUDAPEST (2017)

Flucht, Schweigen oder Rückzug in den privaten Raum? Mit dieser Frage sehen sich heute erneut Künstler, Journalisten, Filmemacher und Schriftsteller weltweit konfrontiert. Auch und wieder in Europa und der EU.

Im Osten nichts Neues, könnte man meinen. Doch ein Besucher aus dem Westen merkt schnell, dass er weder moralisch noch argumentativ überlegen ist. Und er ist auch nicht dagegen gefeit, sehr schnell selbst zum Akteur in jenem „Panoptikum“ zu werden, das Michel Foucault in seinem Standardwerk „Überwachen und Strafen“ entworfen hat. Wobei Foucault bei seiner Analyse aus gutem Grund nicht nach östlicher und westlicher Hemisphäre trennt: Die McCarthy-Zeit, der Watergate-Skandal, die NSA-Abhörmethoden, die Gesinnungsprüfungs- und Berufsverbotspraxis in der Bundesrepublik zeigen die gleichen Phänomene und Anfälligkeiten auch in westlichen Demokratien. Am Ende werden selbst private Rückzugsorte und Beziehungsräume schleichend von der Misere aus Selbstzensur, Verdächtigungen, Wut und Verzweiflung kontaminiert.

In „Mr. Miller goes to Budapest“ befinden sich die Protagonisten in solch einem Privatraum in Auflösung. Entwickelt wird dieser Theater-Dreiteiler aus Arthur Millers 1977 entstandenem Stück „The Archbishop’s Ceiling“. Im Gewand eines psychologischen Thrillers zwischen Kammerspiel und Film noir wird darin das überraschende Wiedersehen zweier Autoren und einer Autorin aus dem Osten mit einem befreundeten amerikanischen Autor geschildert. Diesem gibt Miller dabei einen Gutteil von sich selbst mit, einschließlich seiner eigenen Zweifel am American Way of Life. Als Jokerfigur bringt er noch eine scheinbar unbeteiligte Dänin als Vertreterin der jungen Generation von Lebenskünstlern und Travel-Kids aus dem Westen ins Spiel.

Aufführungen in Budapest – Aufführungen in Leipzig

Umgesetzt wurde das Projekt on location in einer Wohnung im Herzen von Budapest. Im März und April 2017 arbeiteten dort ein Regisseur und drei SchauspielerInnen aus Ungarn zusammen mit SchauspielerInnen des Schau-Ensembles an einer gemeinsamen Version nach Millers Vorlage. Mit den Mitteln der Kunst und dem „Umweg“ über ein politisches Stück aus der Zeit des „Eisernen Vorhangs“ sollte, durch aktuelle Nachrichten und Meldungen hindurch, ein Dialog über eigene, grundlegendere Gedanken und Gefühle zum Thema Meinungsfreiheit, Selbstbestimmtheit und Demokratie entstehen. Das deutsch-ungarische Ensemble unter Leitung des jungen ungarischen Regisseurs Gábor Hollós präsentierte Millers Echtzeit-Thriller ab dem 25. März an drei aufeinanderfolgenden Samstagen in Budapest. Ergänzt wurden diese Abende - mit ausdrücklich privatem Charakter - von Gesprächen mit ExpertInnen aus Wissenschaft und Kultur wie der „Grande Dame der ungarischen Philosophie“ Ágnes Heller. Parallel zu den drei Theater-Folgen in Budapest fand zudem in Zusammenarbeit mit der Stiftung weiterdenken / Heinrich-Böll-Stiftung jeweils eine Veranstaltung in Dresden, Chemnitz und Leipzig statt.

Zum Abschluss wurden im Mai alle drei Folgen an einem Abend in einer deutsch-englisch-ungarischen Fassung in der Schaubühne Lindenfels nochmals gezeigt.

Regie: Gábor Hollós
Konzept/Dramaturgie: René Reinhardt
Bühne/Kostüm: Elisabeth Schiller-Witzmann
Kamera: István Hollós
Spiel: Johannes Gabriel, David Jeker, Attila Király, Laila Nielsen, Kata Pálfi, Mario Rothe-Frese, Csaba Sorbán
Expert:innen im Gespräch: Ágnes Heller, Christian Römer, Stefan Schönfelder

LANDSCHAFT MIT KÖNIGSTÖCHTERN (2016)

„Es staunt die Tochter Agenors, dass er so herrlich erscheint und nichts Feindseliges vornimmt. … Schon wagt die erhabene Jungfrau, dem Stier auf dem Rücken zu sitzen. … Und es flattern, gewölbt vom Winde, die Kleider.“ (Ovid, Metamorphosen)

Man muss nicht Ovid gelesen haben, um jenem Stier zu begegnen, in den sich Zeus verwandelt hat. In dessen Gestalt er die phönizische Königstochter Europa nach Kreta entführt, sie vergewaltigt und mit ihr den bedeutenden König Minos zeugt. Wir treffen den Stier heute in Straßburg vor dem Europäischen Parlament, finden ihn im Portemonnaie als 2-Euro-Münze oder auf einem Trip ins kunsthistorische Museum. Unreflektiert wird so die Geschichte der Namensgeberin unseres Kontinents zum beliebten Fotomotiv einer verspielt klingenden Erzählung aus der Wiege unserer abendländischen Kultur.

Seit 4000 Jahren werden die antiken Mythen tradiert, konsumiert und bis in die Gegenwart fortgeschrieben, als erotische Geschichten, erhabene Gesänge, großes Theater einer Hochkultur, salon- und schlafzimmertauglich. Nur zaghaft hebt sich hin und wieder der Vorhang für eine kritische Kultur- und Geschichtsbetrachtung. Dabei zeigen unsere Mythen, die nicht klar von der Realgeschichte zu trennen sind, erstaunliche Parallelen auch zu späteren Akten von Landraub und Kolonialismus.

Inspiriert von dem „Buch der Königstöchter“ des Kulturkritikers Klaus Theweleit nehmen wir einen diskursiven Blickwinkel ein. Verharmlost als göttlicher Wille eines Zeus, Poseidon oder Apollon, kann man hinter dem Raub einer Helena die Verschleierung kolonialer Landnahme und die Auslöschung anderer Kulturen lesen – ausgeführt über die Körper von Frauen. Frauen, die eine ambivalente Rolle zwischen Opfer, Helferin und Verräterin einnehmen – in den Erzählungen aus der Perspektive der Sieger.

Wir lassen sowohl antike Königstöchter als auch amerikanische Pendants aus der Realgeschichte zu Wort kommen. Medea, Kassandra, Dido, Ariadne, Pocahontas und Malinche holen uns ins Heute und legen nahe, dass das Prinzip männlich dominierter Geschichte in Form von Krieg und Gewalt kaum auf ein Happy End hoffen lässt.

Regie: René Reinhardt
Bühne, Kostüm: Elisabeth Schiller-Witzmann
Spiel: Johannes Gabriel, David Jeker, Laila Nielsen, Mario Rothe-Frese, Anka Liebe (als Gast), Verena Noll (als Gast)
Dramaturgie: Friederike Köpf
Regie-, Dramaturgiehospitanz: Katherin Bryla
Video, Sound: Gábor Hollós
Technik: Jan Ehrlich

BRODSKY (2015)

Berühmt und vergessen zugleich, das ist Joseph Brodsky. Ein Literaturnobelpreisträger, den das eigene Land, Russland, nicht aushielt und in das er nach seiner Ausweisung 1972 bis zu seinem frühen Tode 1996 in New York nicht mehr zurückkehrte. 2015 wäre er 75 Jahre alt geworden, 2016 jährte sich sein Tod zum zwanzigsten Mal.

In der Inszenierung BRODSKY nähert sich das SCHAU-Ensemble diesem Dichter und Weltbeobachter, der auch im Exil seine Sprache nicht verlor. Die Sprache fungierte ihm als ein realer Zufluchtsort, gab ihm die Möglichkeit, das Leben zu ertragen, ohne dabei eine Form von gesellschaftlicher Utopie zu errichten. Er war ein „energischer Teilhaber an der Lichtquelle der Weltpoesie“, so der Schweizer Schrifsteller und Brodsky-Übersetzer Ralph Dutli.
In einer Montage aus lyrischen, essayistischen und dramatischen Texten und im Spiel der aus ihnen heraustretenden Figuren werden der sprachliche und gedankliche Kosmos des Dichters lebendig. Ebenso facettenreich wie Brodskys Werk zeigt sich die Inszenierung – vielfältig in Bezug auf Text-, Darstellungs- und Spielformen. Sie führt zu den Orten, die für Joseph Brodsky bedeutsam waren sowie von ihm gleichzeitig als real und mythologisch beschrieben wurden: St. Petersburg, New York, Venedig, Byzanz und Rom.

Die Zuschauer begleiten Joseph B. auf einer theatralen Raum-Zeit-Fahrt aus einem New Yorker Hörsaal fort in das Leningrad seiner Jugend und von dort weiter nach Venedig, seinem persönlichen Wallfahrtsort – und über den Käfig der Gegenwart hinaus bis nach Rom und Byzanz! Sie folgen den Zeilen seiner Dichtung auf der Suche nach den Sprüngen und Rissen in der alles verschlingenden Zeit.

Beteiligte Künstler:innen: Johannes Gabriel, David Jeker, Laila Nielsen, Mario Rothe-Frese, René Reinhardt, Elisabeth Schiller-Witzmann, Ilona Schaal, Gábor Hollós

CAMUS (2014)

Der Berg. Der Stein. Die Lücke, die das Scheitern lässt. Dazwischen das Leben.

Sisyphos, Caligula, der Fremde, durch den Zufall der Existenz in Bewegung gebracht, unternehmen den Versuch zu leben, konsequent radikal simpel. Das ist alles.

Das Licht. Die Orte unserer Kindheit. Die Mutter und der große Abschied.

„Der erste Mensch“ namens Jacques Cormery - niemand anderes als der Autor Camus - geht zurück, um endlich seine eigene Konsequenz ziehen zu können. Wenn wir ihn begleiten, finden wir uns mit ihm zwischen zwei Versuchen eines glücklichen Sisyphos.

Beteiligte Künstler:innen: Johannes Gabriel, Gábor Hollós, David Jeker, Laila Nielsen, René Reinhardt, Mario Rothe-Frese, Ilona Schaal, Elisabeth Schiller-Witzmann

DIE SPIELER (2013)

Ein Theater als das Beste aller Glücksspiele und als die sicherste aller unsicheren Banken - für die zweite Inszenierung des SCHAU-ENSEMBLES wurde der alte Ballsaal zum Casino.

Vor 150 Jahren, 1862/63, bereiste Fjodor Dostojewskij zum ersten Mal Westeuropa, die Jahre 1867-71 verbrachte er größtenteils in Deutschland. Aber die Begegnung mit der westlichen Kultur löste bei ihm eine Krise aus, die er in dem burlesken Roman DER SPIELER literarisch umsetzte und selbsttherapeutisch verarbeitete. 150 Jahre danach drehte Jean-Luc Godard auf der später havarierten Costa Concordia seinen FILM SOCIALISME und lässt seine Besetzung im Bauch des Schiffes ihre Sehnsüchte setzen. Dostojewskij und Godard fanden ein gemeinsames Thema - die am Spieltisch ausgelebte Sucht. Das Spiel, auf das alle Träume und Hoffnungen fixiert sind.

Die zweite Inszenierung des SCHAU-Ensembles nimmt den alten Ballsaal der Schaubühne als Spielort an dem die Zuschauer auf vermeintlich sicherem Grund mit den Protagonisten Dostojewskijs zusammentreffen. DIE SPIELER ist publikumsorientiertes Gegenwartstheater, das durch die Begegnung von Spielern und Mitspielern, Croupiers, Darstellern und Publikum eine unwiderstehliche Dynamik entfaltet. Ein Theater als das Beste aller Glücksspiele und als die sicherste aller unsicheren Banken. Die Jetons liegen bereit. Das Spiel beginnt.

Beteiligte Künstler:innen: Frank Heuel, René Reinhardt, Lisa Schiller-Witzmann, Johannes Gabriel, David Jeker, Laila Nielsen, Anna Gubanova, Alexander Borodulin, Johannes Lutkow, Konstantin Schimanowski, Igor Stelmashov, Anton Wasilew, Ilona Schaal

EIN NEUNUNDZWANZIGSTER FEBRUAR (2012)

Ein Neubeginn. Kein Tag wie jeder andere. Ein grünes Licht flackert auf, Sie dürfen eintreten. Ab jetzt wieder regelmäßig: An der Schaubühne Lindenfels wird ab 2012 wieder ein in Leipzig verankertes Theaterensemble produzieren und aufführen. Begehen Sie mit uns den Neuanfang. Wir wollen uns mit Ihnen darüber verständigen, was uns, was Ihnen Theater ist. "Ein neunundzwanzigster Februar" ist eine leise Annäherung an das, was das Theater im Ursprung war und heute sein kann: ein Ort mit seinen ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten, eine Raum-Zeit-Maschine, ein Dialogaggregat. Von der Theaterbox aus, in der sich jeweils nur ein Zuschauer und ein Spieler begegnen, betreten wir gemeinsam die große Bühne: Schweigen, Monolog, Dialog und Chor, eine Theater-Geschichte, die uns von uns erzählt. "Ein neunundzwanzigster Februar" spannt einen Bogen vom ersten vorsichtigen Beginn einer Begegnung bis hin zum großen Theaterbild. Lernen Sie unsere Schauspieler kennen, lassen Sie sich von ihnen verführen, glauben Sie ihnen ihre Geschichten oder auch nicht...

„Während unserer Bekanntschaft war André auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Theaterregisseur gewesen. Die Arbeit, die er zusammen mit seiner Gruppe geleistet hatte – die Produktionen von "Alice im Wunderland", "Endspiel", "Die Möwe" –, war weltweit als hervorragend und exeptionell gepriesen worden. Aber dann, nachdem André mein Stück "Spät nachts bei uns" inszeniert hatte, war etwas mit ihm geschehen. Keiner wusste genau was. Er hatte dem Theater den Rücken gekehrt. Seine Familie erfuhr monatelang nichts weiter, als dass er allein irgendwelche sonderbaren Teile der Welt bereiste... Gelegentlich war zu hören, dass er im Schlepptau irgendeines buddhistischen Mönchs durchs Land zog oder dass jemand ihn auf einer Party gesehen hatte, wo er den Leuten erzählte, er würde mit Bäumen sprechen oder so. Es lag auf der Hand, dass mit André etwas Schreckliches geschehen sein musste, und die Vorstellung, ihn zu sehen, machte mich zutiefst nervös. Ich war wirklich nicht sonderlich erpicht auf solches Zeug. Sollte ich hier den Arzt mimen, oder was?“ (Auszug aus "Mein Essen mit André" von Wallace Shawn und André Gregory)

Beteiligte Künstler:innen: René Reinhardt, Frank Heuel, Elisabeth Schiller-Witzmann, Frank Heuel, Laila Nielsen, Sophie Lutz, Johannes Gabriel, David Jeker, Elisabeth Schiller-Witzmann, Ilona Schaal